Von Internationaler Entwicklungshilfe hin zu gemeinschaftlicher Entwicklung
Hunderte Millionen Menschen haben keinen Zugang zu sauberem Wasser, und Hunderttausende sterben jedes Jahr an Krankheiten, die durch Wasser übertragen werden – meist Kinder. Es ist ein Problem, das gelöst werden kann, aber dazu müssen wir unsere Sichtweise auf Internationale Entwicklung ändern.
Internationale Entwicklungshelfe war bisher ein Bereich, in dem eine Partei etwas an eine andere weitergibt. Ein Spender – sei es eine Person, eine Organisation oder ein Land – verfügt über mehr Reichtum, Ressourcen und Fachwissen. Ein Empfänger oder Begünstigter benötigt einige oder alle dieser Dinge. Im Allgemeinen geschieht dies durch spezifische Projekte mit einer Reihe von zu erreichenden Ergebnissen innerhalb eines kurzen Zeitrahmens. Experten denken darüber nach, was benötigt wird, was erschwinglich ist und wie es geliefert werden kann. Im Großen und Ganzen sind die Begünstigten in der Regel zufrieden mit allem, was angeboten wird, selbst wenn es in gewisser Weise unzureichend ist.
In unseren ersten Jahren als NRO war es uns wichtig, die Verwendung der begrenzten Mittel genau zu kontrollieren und alles zu tun, um den Erfolg der Projekte sicherzustellen. Wir wählten Wasserprojekte aus und gaben so viel Geld aus, wie nötig war, um sie fertigzustellen. Wir hatten das Sagen, während die ausführenden Organisationen in den Ländern vor Ort nach unseren Vorgaben arbeiteten. Es dauerte mehrere Jahre, bis wir bessere Arbeitsweisen entwickelten.
Unsere Erkenntnisse lassen sich in fünf Lektionen zusammenfassen. Zusammengenommen ermöglichen sie einen völlig anderen Ansatz für die Internationale Entwicklungshilfe, den wir „Ko-Entwicklung“, also eine gemeinschaftliche Entwicklung, nennen.
Verlagere die Fach- und Führungskompetenz vor Ort
Unser europäisches Team weiß weniger über die lokalen Gegegebenheiten und afrikanischen Mitbürger als das Team vor Ort. Das Team vor Ort kann die Reaktion und das Verhalten der Mitmenschen besser einschätzen. Wenn wir Europäer glauben, dass wir es besser verstehen, liegen wir in der Regel falsch. Und wenn das örtliche Team nicht das Sagen hat, gehen wir unnötige Risiken ein.
Vereinbare Lösungen mit den Communities
Es ist wichtig, dass lokale Gemeinschaften aktiv an der Entwicklung ihres Lebensraums beteiligt sind. Schließlich geht es um ihr eigenes Leben! Ihnen muss Raum gegeben werden, um das Problem aus ihrer Perspektive zu beschreiben, die gewünschte Lösung vorzuschlagen und darzulegen, wie sie selbst zur Umsetzung beitragen können. Es mag verlockend sein, einfach einen Brunnen zu bohren oder andere Maßnahmen zu ergreifen, die wir für notwendig halten. Oft entspricht die Lösung genau unseren Erwartungen. Dennoch ist es für ihre Entwicklung von entscheidender Bedeutung, dass ihre Meinungen respektiert und berücksichtigt werden. Eine schriftliche Partnerschaftsvereinbarung ist dabei von großer Bedeutung.
Gemeinschaften bei den Lösungen einbinden
Die Einbindung ermöglicht es, Vereinbarungen über ihre Beiträge und fortlaufenden Verantwortlichkeiten zu treffen. Lokale Gemeinschaften können lokale Materialien bereitstellen und auch Arbeitskraft einbringen. Je mehr sie sich beteiligen, desto besser für ihr Selbstwertgefühl und für die Geber! Wenn es um einen Brunnen geht, welche Rolle werden sie bei der Wartung spielen? Was passiert, wenn Teile ausgetauscht werden müssen?
Kontinuierliche gemeinsame Entwicklung statt kurzfristige Projekt-Denke
Unser Bedürfnis nach Kontrolle führt dazu, dass wir oft über Projekte mit bestimmten Ergebnissen nachdenken. Wir denken weniger darüber nach, wie diese erreicht werden können, wie oben beschrieben, oder darüber, was danach passiert, nachdem die Ergebnisse erzielt wurden. Tausende von Bohrbrunnen – die häufigste Form der Wasserversorgung im ländlichen Afrika – wurden erfolgreich gebohrt, schlecht gewartet und funktionieren nun nicht mehr. Die Gemeinde hat kaum etwas dazu beigetragen, sie wusste vielleicht nicht, wie sie ihren Brunnen warten oder um Hilfe bitten kann, und so stehen sie wieder am Anfang. Wir nennen das „Drill and Walk-away / Bohren und weggehen“ oder „DAWA“, und das ist eine Schande. Unserer Ansicht nach ist eine kontinuierliche Partnerschaft unerlässlich
Minimiere die Kosten, um die Wirkung zu maximieren
Die Versorgung einer Person mit sauberem Wasser kostet WellBoring $10, Water Aid gibt die Kosten mit £15 ($20) an, und UNICEF nennt einen Betrag von 35 Dollar für seine Arbeit im ländlichen Mosambik. Mit $1,000,000 , die bei UNICEF ausgegeben werden, könnten etwa 30.000 Menschen erreicht werden, bei Water Aid 50.000 Menschen und bei WellBoring 100.000 Menschen. UNICEF hat großartige Lösungen für Menschen geschaffen, aber was ist mit denen, die sie hätten erreichen können? Hier spielen viele Faktoren eine Rolle. Lokales Engangement senkt die Kosten, unsere auswärtigen Teams arbeiten ehrenamtlich, und wir halten uns an möglichst einfache Lösungen. Allein Gutes zu tun ist nicht genug.
Abschließende Gedanken
Das Wasserproblem sieht aus wie ein Ressourcenproblem, ist aber auch ein Know-how-Problem. Sogar ein Empowerment-Problem. Lokale Führer können Ressourcen finden und ihre Gemeinschaften mobilisieren. Glücklicherweise müssen wir unser geistiges Eigentum nicht behalten. Geben wir es einfach weiter.
Wer weiß, was wir erreichen könnten, wenn wir das internationale Eltern-Kind-Entwicklungsmodell durch eine gemeinschaftliche Entwicklung ersetzen?
Nigel Linacre BEM ist Vorsitzender von WellBoring.
PS: Den Originalartikel findest du auf dem informativen Tiefen-Journalismus-Hub von FairPlanet.